Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt

In den letzten Jahrzehnten ist von politischer Seite viel für die Verbesserung der Gleichstellung von Frauen und Männern getan worden. Doch besonders auf dem Arbeitsmarkt kann von Gleichstellung noch lange keine Rede sein. Mit Blick auf den Bereich der Entgeltgleichheit muss sogar festgestellt werden, dass sich an der massiven Ungleichbehandlung von Frauen und Männern in den letzten Jahren nichts geändert hat.


Gender Pay Gap

Auch 2009 verdienten Frauen in Deutschland durchschnittlich fast ein Viertel weniger als Männer. Wie das Statistische Bundesamt im Mai 2010 mitteilte, lag die Lohnlücke (der so genannte Gender Pay Gap)  zum wiederholten Male bei 23 %.

Der Gender Pay Gap ist ein Lohnindikator. Er bezeichnet die Differenz des durchschnittlichen Bruttostundenverdienstes von Frauen zum durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Männern.

Häufig wird auch von "bereinigter" Lohnlücke gesprochen. Dabei wird ein Vergleich zwischen dem Verdienst von Männern und Frauen vorgenommen, welche die gleichen individuellen Merkmale haben, in diesem Fall: Ausbildung, Berufssparte, Position, etc. Auch dann beträgt der Gender Pay Gap noch 12 %.


Ursachen

Es ist kaum möglich, eine einzelne Ursache für den gravierenden Lohnunterschied zu benennen. Dies macht das Thema und dessen Lösung auch so schwierig, weil sehr viele und auf den ersten Blick ganz unterschiedliche Bereiche zusammenhängen.

Ein wesentlicher Ursachenkomplex aber sind die Vorstellungen von Familie, Ehe und der Organisation von Erwerbsarbeit in unserer Gesellschaft. Dies wird besonders anschaulich, wenn man den Blick über den Tellerrand, z.B. auf andere EU-Staaten wirft. Mitunter reicht aber auch schon der Vergleich zwischen West- und Ostdeutschland, um Unterschiede in kulturellen Vorstellungen bei der Verteilung von Familien- und Erwerbsleben zu verdeutlichen.

Doch auch die Verteilung von Frauen und Männern in verschiedenen Berufssparten sowie auf unterschiedlichen Organisationsebenen in den Unternehmen ist ein zentraler Bereich, der die Entgeltungleichheit erklären kann. Ebenso wichtig ist die Bewertung von Arbeit und Tätigkeiten, wie sie beispielsweise bei Arbeitsplatzbeschreibungen und Eingruppierungen erfolgt.

Nicht zuletzt sind auch institutionelle Rahmenbedingungen zu nennen, wie fehlende Möglichkeiten der Kinderbetreuung oder das Steuersystem, welche die Ungleichbehandlung von weiblichen und männlichen Erwerbstätigen mit verursachen.
Im Folgenden sind einige zentrale Gründe für das weiterhin bestehende Verdienstgefälle zwischen Männern und Frauen in (West-)Deutschland aufgelistet.

  • Mit der Anzahl der Kinder sinkt die Erwerbstätigkeit von Müttern, während die der Väter steigt.
  • Für Haus- und Familienarbeit sind vornehmlich weiterhin mehr Frauen zuständig, auch wenn sie erwerbstätig sind.
  • Als weiblich geltende Tätigkeiten wie Erziehung und Pflege werden vergleichsweise schlechter bezahlt.
  • Der Teilzeitmarkt ist nahezu vollständig weiblich. In Führungs- und Leitungspositionen wird Teilzeit nach wie vor kaum angeboten.
  • Frauen sind häufiger in schlechter bezahlten Berufsbranchen und weniger häufig in höheren Positionen zu finden. (Horizontale und vertikale Segregation des Arbeitsmarktes)
  • Eingruppierungen wie etwa im Tarif des öffentlichen Dienstes (TVöD) gehen von Dienstjahren aus. Im Vergleich haben Frauen aufgrund längerer Erwerbspausen aber weniger Berufsjahre als Männer.
  • Variable Entgeltbestandteile (Zulagen, Sonderregelungen,...) werden von Frauen und Männern unterschiedlich gut mit Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern verhandelt.
  • Fehlende oder kostenintensive Kinderbetreuungsplätze erschweren den beruflichen Wiedereinstieg beider Elternteile.
  • Das so genannte Ehegattensplitting begünstigt das 1-Ernährer-Familienmodell.


Folgen

Die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern ist gesellschaftspolitisch auch deshalb so fatal, weil sie langfristig gesehen schwerwiegende Konsequenzen für die Altersversorgung hat. So sind Frauen aufgrund ihrer kürzeren Erwerbsbiographien, gekoppelt mit durchschnittlich niedrigeren Beitragszahlungen aufgrund ihrer geringeren Verdienste, weitaus häufiger von Altersarmut bedroht als Männer.
Schließlich ist die Entgeltungleichheit nicht nur ein monetärer Aspekt, sondern auch ein deutliches Demokratiedefizit. Die schlechtere Bezahlung von als weiblich geltenden Tätigkeiten trägt dazu bei, dass die Arbeit von Frauen weiterhin abgewertet wird.


Handlungsoptionen

Das Motto "Gefahr erkannt, Gefahr gebannt" klingt vielleicht etwas flapsig. Tatsächlich sind wir aber der Überzeugung, dass das Wissen über Arbeitsrechte und Lohnstrukturen zumindest zu einem Teil dabei helfen kann, dass der berufliche Wiedereinstieg erfolgreich gelingt! Fragen Sie also nach, bei Gewerkschaften, sozialen Beratungsstellen, Freundinnen und Bekannten. Auf unserer Informationsseite (s. linke Spalte) finden Sie zudem viele Links, die für Sie nützlich sein könnten.